Von Geistern und Hexen

Eine von vielen Legenden:

 

Ausflugsziel Guttenberg

Eines Nachts, es war Ende April (Walpurgisnacht), da ging ich von der Ortschaft Wielands nach Bromberg. Ich musste dabei in der Nähe des Guttenberges vorüber. Wie erstaunt war ich, als ich sah, dass auf dem Berg ein Feuer brannte. "Haben doch die Lausbuben hier ein Feuer angezündet", dachte ich bei mir und: "Na wartet, ich werde es euch zeigen!". Wie leicht kann doch durch eine solche Unvorsichtigkeit ein Waldbrand entstehen.
Ich packte meinen dicken Hirtenstock fester und ging auf den Berg. Bald erreichte ich einen großen Felsen, um den ich vorsichtig schlich. Nun hatte ich das Feuer genau vor mir. Wie entsetzt war ich aber, als ich anstatt der vermuteten Buben gar seltsame Gestalten rings um das Feuer bemerkte.
Die meisten von ihnen waren in Felle gehüllt. Sie hatten Bärenköpfe, Hirschköpfe und Ochsenschädel, nichts Menschliches war an ihnen. Einer von ihnen, wahrscheinlich der Anführer, stand vor einem großen Stein, auf dem viele Arten von Speisen ausgebreitet waren. Es schien mir, als ob er eine Andacht, eine Messe, feiern würde.
Stumm hockten die anderen ringsherum und betrachteten sein geheimnisvolles Tun. Wohl eine Viertelstunde stand ich starr vor Furcht und sah der seltsamen Gesellschaft zu. Die Zauberer und Hexen, nur um solche konnte es sich hier handeln, hatten mittlerweile ihre Feier beendet und sammelten sich nun laut redend um den Stein, griffen nach den dort ausgebreiteten Speisen und ließen es sich gut schmecken.

„Jetzt kannst du unbemerkt entkommen", dachte ich und wollte leise davonschleichen. Doch mir schwanden fast die Sinne, nahm mich jemand beim Kragen und stieß mich zum Feuer hin. Einer der Teufel hatte sich hinter mich geschlichen und mich gepackt. "Nun hat deine letzte Stunde geschlagen ", ging es mir durch den Kopf und ich rief in Gedanken alle Heiligen um Hilfe an.
Man empfing mich mit großen Geschrei und Gelächter. Einige der zottigen Kerle ergriffen meine Hände und wirbelten mich im Kreis, dass mir davon ganz schwindlig wurde. Dann zerrten sie mich zum Opferstein. Ich musste von all den Speisen essen, die hier ausgebreitet lagen und aus vielen Krügen trinken, welche mit gar wohlschmeckenden Getränken gefüllt waren. Angst hatte ich keine mehr. Mir war alles gleichgültig geworden. Ich aß und trank daher, so fest ich nur konnte und war davon überzeugt: "Das ist deine Henkersmahlzeit.“ Als mir meine "liebenswerten" Gastgeber jedoch nichts zuleide taten, da wurde ich mutiger und dachte: "Sollte ich noch einmal davonkommen und diese Geschichte den Leuten im Dorf erzählen können, wer wird mir glauben?"
Um das Erlebnis beweisen zu können, steckte ich daher heimlich ein großes Stück Schinken und mehrere der herrlich duftenden Hahnflecken in meine Taschen. Hahnflecken sind scheibenförmige, fette, gebackene Mehlspeisen, die mir stets gut geschmeckt haben.

Nach einiger Zeit bemerkte ich, dass die Zaubergestalten weniger wurden. Manch einer setzte sich auf einen Besen und fuhr Funken sprühend durch die Luft davon, andere verschwanden halb hüpfend, halb fliegend im Unterholz. Schließlich, ich glaubte schon, sie hätten auf mich vergessen, nahm mich ein mächtiger Kerl beim Rock, zog mich zu sich auf einen großen Besenstiel und schwang sich mit mir jauchzend und schreiend in den dunklen Nachthimmel.

„Jetzt erwischt es dich doch noch ", sagte ich mir voll Schauer und wagte kaum die Augen zu öffnen. Nachdem die wilde Fahrt einige Zeit gedauert hatte, näherten wir uns wieder dem Erdboden. Der Kerl, ich glaube es muss der oberste Teufel persönlich gewesen sein, stieß ein gräuliches Gelächter aus und gab mir einen Stoß, so dass ich zur Erde fiel. Dann brauste er davon. Ich muss wohl mehrere Stunden halbtot an dem Platz gelegen haben. Ein Holzarbeiter, der am Morgen zur Arbeit ging, fand mich und nahm mich mit in sein Haus. Ungläubig lauschten die Leute meiner Erzählung. Da fielen mir der Schinken und die Hahnflecken ein, die ich ja noch in meinen Taschen hatte. Wie lachten mich jedoch alle aus, als ich diese Speisen aus den Taschen zog und bemerkte, dass sie zu einer übelriechenden, stinkenden Masse geworden waren. Drei Tage benötigte ich, um wieder nach Hause zu kommen, so weit hatte mich der Böse mitgenommen. Als ich endlich daheim war da war ich durch die ausgestandenen Ängste und durch den weiten Marsch so schwach und krank, dass ich lange Zeit das Bett hüten musste. Ganz gesund wurde  ich nie mehr.

 

Quellenhinweis: Othmar K. M. Zaubek